Land Brandenburg holt sich Agrarland von Versicherer „Münchener Rück“ zurück

Acker herbstlich

“Acker herbstlich” by HeikeKranacher is licensed under CC BY 3.0

Die taz berichtet, dass das Land Brandenburg einen Kaufvertrag über 2.263 Hektar Agrarland für nichtig erklärt hat. Da sich jedoch akut nur für einen Bruchteil (463 Hektar) Käufer fanden, die die Fläche auch landwirtschaftlich nutzen werden und den verteuerten Kaufpreis aufbringen können, bleibt der Rest der Grundlage von Lebensmittelproduktion in der Hand eines Versicherungsunternehmens als „Kapitalanlage“. Die illegitime oder illegale Aneignung von Land, insbesondere Agrarfläche, oft durch wirtschaftlich oder politisch durchsetzungsstarke Akteure wird als „Landgrabbing“ bezeichnet. Als illegitim gilt beispielsweise der Erwerb von landwirtschaftlicher Nutzfläche zu anderen Zwecken als der Landwirtschaft. Das scheint für den größte Rückversicherungskonzern der Welt, Münchener Rück, offenbar unter ethisch einwandfreies Verhalten zu gehören. Der Konzern widmet seiner „unternehmerischen Verantwortung“ ein ganzes Kapitel auf seiner Website. Die Mitarbeiter der Firmengruppe, so heißt es dort, seien nicht nur zu einem „rechtlich“, sondern auch „ethisch“ einwandfreien Verhalten verpflichtet. Die gesamte betroffene Fläche umfasst sogar 2’800 Hektar. Ein Teil davon auf der Fläche von Sachsen-Anhalt, wo nun ebenfalls rückwirkend geprüft wird.

Dieser Fall zeigt, dass das Phänomen des Landgrabbings nicht bloß auf entfernten Kontinenten (Südamerika, Afrika) stattfindet, sondern gefühlt „direkt vor unserer Haustür“. Aus dem Artikel:

„Der zuständige Landkreis Prignitz hat mit Bescheid vom 28.9.2017 die 2015 erteilte Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsrecht für 463 Hektar zurückgenommen“, teilte das Agrarministerium in Potsdam der taz auf Anfrage mit. Für die restlichen 1.800 Hektar des Geschäfts habe sich kein Landwirt gefunden, der dringend Flächen benötigt und die Äcker zu den Bedingungen des Kaufvertrags erwerben wollte.

Der weltgrößte Rückversicherungskonzern hatte 2015 von der inzwischen insolventen Holding KTG Agrar die Firma ATU Landbau mit rund 2.800 Hektar Acker erworben, nachdem diese das gesetzliche Vorkaufsrecht für ortsansässige Landwirte ausgehebelt hatte. 2.263 Hektar davon liegen in Brandenburg. Die Fläche ist mehr als 800-mal größer als der Durchschnitt aller 2015 in Deutschland verkauften Äcker.

Getrieben auch durch branchenfremde Anleger haben sich seit 2007 die Verkaufswerte von landwirtschaftlich genutztem Land im Schnitt mehr als verdoppelt. Normale Bauern können in diesem Bieterkampf oft nicht mehr mithalten. Zudem fließen die Gewinne, etwa aus der Verpachtung des Lands aus den oft armen Regionen in der Provinz, in ohnehin schon reiche Städte.

Wer dem Trend entgegenwirken bzw. wenigstens mitbestimmen möchte, kann sich beispielsweise an Bodengenossenschaften wenden wie Bioboden eG, Kulturland eG oder Ökonauten eG (Berlin/ Brandenburg). Alternativ beschäftig man sich mit der Organisation Terre de Liens. Oder noch besser: Direkt eine Solidarische Landwirtschaft unterstützen 🙂


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